Collie Herb & The Mighty Roots

Collie Herb & The Mighty Roots

Reggae

http://www.collieherb.ch

Das «Collieversum» ist unberechenbar. Fast hätte das dritte Album von Collie Herb wegen des Lockdowns verschoben werden müssen, ein letzter Part wurde auf dem Handy eingesungen, Video-Drehs und Konzerte konnten nicht wie geplant stattfinden. «I cha nid wähle zwüsche Ufgäh oder dra blibe, cha nur wähle zwüsche ufnäh oder Parts schribe» sang Collie einmal auf einem seiner Songs. Die positive Grundhaltung bleibt: Collie Herb veröffentlicht allen Widerständen zum Trotz sein neues Werk nimmt uns mit auf einen Trip.

 

Collie Herb ist ein Live-Künstler. Mit der Soundsystem-Kultur gross geworden, ist die Bühne sein Zuhause. Wo die Grenze zwischen Publikum und Künstler verschwindet, wo die Energie zirkuliert, da entsteht das «Collieversum». Dieses expandiert ständig, oft passiert etwas Unerwartetes. Gerade in diesem Augenblick kommt das neue, 10 Tracks starke Album. Der Promo-Plan dafür wäre simpel gewesen: Zurück zu den Leuten, wegen von den Touchscreens, Strassen-Gigs in den Städten, die neuen Songs zuerst live spielen… Das ging nun in dieser besonderen Zeit aus bekannten Gründen nicht. 

 

Ein halbes Jahr verbrachte Collie Herb mitten in Paris und arbeitete in einem kleinen Atelier an den Songs. Weg vom Alltag entstanden frische Ideen, das Album brauchte dann aber doch mehr Zeit als geplant, ihm fehlten die Inputs und der Austausch seiner Mitmusiker*innen. Zurück in der Schweiz ging es gleich ins Studio, die Ideen nahmen Formen an und wurden zu fertigen Songs.

 

Auf «Collieversum» gibt es keine klar definierten Genre-Grenzen. Moderne Dancehall-Beats, von seiner Band eingespielte Reggae-Riddims und Soul-HipHop-Hybride werden hier eins – Collie Herb nennt seinen Mix «urbane Mundart Musik». In den Songs geht es ums Loslassen von überholten Vorstellungen, ums Neustarten, Liebe machen, seine Roots in der Soundsystem-Szene. Es geht um das «Gönnen» des Erfolgs anderer Künstler*innen, die Überwindung des Egos, darum, wer der «Chef am Mic» und allzeit bereit ist. Um das grosse Privileg, sicher seiner «Optione» bewusst zu sein und immer wieder neu finden zu können. Und gefunden hat sich Collie Herb: Nach dem aufmüpfigen Debut-Album und dem sehr persönlichen Nachfolger lässt es er es auf «Collieversum» einfach passieren, macht vor allem auf was er gerade Lust hat.

 

Die Gastbeiträge könnten unterschiedlicher nicht sein: So wechseln sich der jamaikanische «Dancehall-President» Skarra Mucci, Latina-Rapperin La Nefera, Rapper Pyro und das junge Soul-Talent Angelica Muritu am Mic ab. Die Sängerin Lea Nussbaumer, welche Collie an den Konzerten mit Backing Vocals unterstützt, wird auf der Lover’s Rock-Nummer «Nice Try» gefeatured. Die meisten Songs hat Collie Herb gleich selber produziert, zudem holt er sich Unterstützung von anderen Produzenten wie z.B. dem bekannten Duo «The Cratez».

 

Der Trip ins «Collieversum» dauert eine gute eine halbe Stunde, im besten Fall geniesst man ihn auf dem heimischen Balkon zum Knistern des Vinyls und betrachtet dabei das aufwändig gestaltete Cover, welches verschiedene Elemente aus den Songs aufgreift. Gemäss Collie Herb ist der Trip aber noch nicht abgeschlossen: «Ich habe mir überlegt, was ich dem Künstler Collie Herb noch hinzufügen möchte, was meine Aussage mit dem neuen Album ist. Das Collieversum verändert sich ständig, nichts ist in Stein gemeisselt. Es passiert alles, was wir passieren lassen. Das ist die Message». 

 

PS: Falls sich jemand noch fragen sollte, wie man eigentlich «Collieversum» ausspricht. So: «Ka-li-wer-sum». Ein angenehm auf der Zunge liegender Hybrid aus englisch und deutsch.